Standarts Verfahrensbeistandschaft der BVEB e.V.

Standards  Verfahrensbeistandschaft 
 
der Bundesarbeitsgemeinschaft Verfahrensbeistandschaft/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e. V. (BAG) Beschlossen am 24. April 2012 in Hofgeismar      
 
Präambel 
Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Verfahrensbeistandschaft/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e. V. vereinigten Personen respektieren die eigenständigen und wohlverstandenen Interessen von Kindern und Jugendlichen und verpflichten sich deshalb, diese in familiengerichtlichen Verfahren parteilich und unabhängig zu vertreten. Dabei wird die Notwendigkeit anerkannt, das konkrete Erleben des Kindes bzw. Jugendlichen genauso zu berücksichtigen, wie die zur Verfügung stehenden und relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Recht. 
 
Kontakt  Grillparzerstr. 17 12163 Berlin Tel:  030-788 9 2 057 Fax:  030-788 9 6 043 E-mail :  info@verfahrensbeistand-bag.de  Homepage: www.verfahrensbeistand-bag.de  
 
§ 158 FamFG Verfahrensbeistand 
Abs. (1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Abs. (2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, 1.  wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht, 2.  in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge in Betracht kommt, 3.  wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet, 4.  in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben oder 5.  wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt. 
 
Abs. (3) Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen. Er wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen. Sieht das Gericht in den Fällen des Absatzes 2 von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbstständig anfechtbar. 
 
Abs. (4) Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Der Verfahrensbeistand kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes. 
 
Abs. (5) Die Bestellung soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten angemessen vertreten werden. Abs. (6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, 1. mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder 2. mit dem sonstigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens. Abs. (7) Für den Ersatz von Aufwendungen des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands gilt  § 277 Abs. 1 entsprechend. Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 Euro. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Absatz 4 Satz 3 erhöht sich die Vergütung auf 550 Euro. Die Vergütung gilt auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ab. Der Aufwendungsersatz und die Vergütung sind stets aus der Staatskasse zu zahlen. Im Übrigen gilt § 168 Abs. 1 entsprechend.
 
1.  Allgemeine Ziele und Arbeitsprinzipien 
Die im Gesetz benannte Aufgabe des Verfahrensbeistands ist die Wahrnehmung der Interessen und die Wahrung der Rechte des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren.  Wie vom Gesetzgeber intendiert, orientiert der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit an dem Ziel, die eigenständigen Interessen des Kindes in das Verfahren einzubringen und darauf zu dringen, dass das Kind als Subjekt im gerichtlichen Verfahren wahrgenommen wird. Als „Interessen des Kindes“ sind seine subjektiven Interessen = der Wille des Kindes und seine objektiven Interessen = das Kindeswohl definiert. Zur Erfüllung dieser Aufgabe unterstützt der Verfahrensbeistand das Kind dabei, seine subjektiven Wünsche und Vorstellungen zu erkennen, herauszubilden und zum Ausdruck zu bringen – so, wie dieses nach Alter und Entwicklungsstand dazu in der Lage ist. Der Verfahrensbeistand stellt Wünsche und Vorstellungen des Kindes differenziert und umfassend im gerichtlichen Verfahren dar und nimmt dazu Stellung. Als Beteiligter im Verfahren gestaltet er das Verfahren im Interesse des Kindes durch Teilnahme an Verhandlungen, Stellung von Anträgen und andere Rechtshandlungen, Abgabe von Empfehlungen und Einlegung von Rechtsmitteln und sorgt nicht zuletzt durch seine Anwesenheit in der gerichtlichen Kindesanhörung für eine Beteiligung und Begleitung des Kindes im Verfahren. Darüber hinaus informiert der Verfahrensbeistand das Kind über den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens, über die Ergebnisse von Verhandlungen sowie über abgeschlossene Vergleiche oder ergangene Beschlüsse und bemüht sich um eine größtmögliche Unterstützung und Beratung des Kindes. 

1.1 Die Aufgabenbereiche 
Der Verfahrensbeistand spricht immer persönlich mit dem Kind, erkundet dabei seinen Willen zum Verfahrensgegenstand und macht sich einen Eindruck über die Lebenssituation des Kindes an seinem gewöhnlichen Lebensmittelpunkt. Dabei informiert er das Kind altersangemessen über das Gerichtsverfahren und die Möglichkeiten des Kindes, Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens zu nehmen. Er erörtert dabei auch, welche Wünsche und Vorstellungen das Kind zur Lösung des Konflikts hat. Sind die Kinder alters- oder entwicklungsbedingt noch nicht sprachfähig, erkundet er mithilfe einer Interaktionsbeobachtung die Beziehungen des Kindes zu seinen Eltern und Bezugspersonen. Sofern der Verfahrensbeistand nach § 158 Abs. 7 Satz 3 mit der zusätzlichen Aufgabe betraut wurde, Gespräche mit den Eltern oder anderen Bezugspersonen des Kindes (Geschwistern, Großeltern, Erziehern oder Lehrern, Pflegepersonen, Mitarbeitern des Jugendamtes, Sachverständigen usw.) zu führen, entscheidet er fallangemessen, welche dieser Erkenntnisquellen er nutzen möchte und dokumentiert die Ergebnisse dieser Gespräche. Dabei kann er am Zustandekommen einer einvernehmlichen Lösung mitwirken, indem er z. B. den Eltern die konkreten Wünsche der Kinder übermittelt und sie über die je nach Entwicklungsstand unterschiedlichen Bedürfnisse des Kindes und den konkreten Förderungs- und Erziehungsbedarf informiert. Als unabhängige und nur den Interessen des Kindes verpflichtete Person ist seine Aufgabe, die Lösungsvorstellungen der Kinder den Eltern oder ggf. anderen Verfahrensbeteiligten nahe zu bringen, und darauf zu achten, dass diese angemessen berücksichtigt werden.  

1.2 Das Beschleunigungsgebot 
Nach dem sich aus § 155 Abs. 1 FamFG2 ergebenden Vorrang- und Beschleunigungsgebot ergibt sich für den Verfahrensbeistand die Notwendigkeit, innerhalb kurzer Frist – in der Regel innerhalb eines Monats – mit dem Kind und gegebenenfalls auch mit den Eltern Gespräche zu führen. So sorgt der Verfahrensbeistand für eine Beteiligung des Kindes am Verfahren von Anfang an3. Er gewährleistet durch seine zeitnahe Arbeitsaufnahme und Durchführung der Gespräche, dass das Kind auch schon im ersten frühen Termin als Subjekt wahrgenommen wird. Er bringt die Sichtweise des Kindes, seine Befindlichkeiten und seine Bedürfnisse in der Anhörung ein und sorgt durch seine Beteiligtenstellung auch in einem Vergleich durch seine notwendige Zustimmung für die Berücksichtigung der Kindesinteressen. In der Regel fertigt er seine fachliche Stellungnahme auch schriftlich an  und gibt sie zu den Akten.  

2.  Zur Person des Verfahrensbeistands 

2. 1 Qualifikation 
Der Verfahrensbeistand soll eine juristische, pädagogische oder psychosoziale Grundausbildung haben und über eine für die Aufgabe geeignete Zusatzqualifikation verfügen, in der juristische, pädagogische und psychologische Kompetenzen erworben und im Hinblick auf die besondere Aufgabe des Verfahrensbeistands integriert werden. Diese Zusatzqualifikationen müssen bei einem von der BAG anerkannten Weiterbildungsträger erworben werden.  Der Verfahrensbeistand verfügt über fundierte Kenntnisse der unterschiedlichen Verfahrensarten4 sowie der sich aus den unterschiedlichen Kindschaftssachen5 ergebenden Aufgaben.  Durch geeignete Maßnahmen (wie z. B. Fortbildung, Supervision, kollegiale Beratung) gewährleisten Verfahrensbeistände eine fachlich qualifizierte Arbeit und eine professionelle Reflexion ihrer Tätigkeit. 

2. 2  Unabhängigkeit 
Der Verfahrensbeistand ist eine von allen anderen Verfahrensbeteiligten unabhängige Person. Er vertritt die Interessen des Kindes unvoreingenommen und unabhängig von der Meinung der Eltern oder beteiligter anderer Professioneller. Auch das Gericht ist ihm gegenüber nicht weisungsbefugt.  Eine Verfahrensbeistandschaft soll nicht übernommen werden, wenn der Verfahrensbeistand zu dem Kind oder zu dessen Familienangehörigen private oder berufliche Beziehungen unterhielt oder unterhält, oder wenn er mit der bisherigen Fallbearbeitung bei betroffenen Personen, die in Bezug zu dem aktuellen Gerichtsverfahren stehen, befasst war oder dies in Zukunft möglicherweise sein wird. Das Gleiche gilt für Beziehungen des Verfahrensbeistands zu anderen Bezugspersonen des Kindes, sofern diese eine unabhängige Ausübung der Verfahrensbeistandschaft erschweren können. Der Verfahrensbeistand übernimmt nach Beendigung seiner Tätigkeit in der Regel auch keine persönlich geführte Ergänzungspflegschaft oder Vormundschaft für dasselbe Kind. 

2. 3  Persönliche Eignung 
Der Verfahrensbeistand hat ein persönliches Interesse an der Arbeit mit Kindern und verfügt über Erfahrungen im Umgang mit ihnen. Er verhält sich unvoreingenommen gegenüber verschiedenen kulturellen Einflüssen oder religiösen Überzeugungen, sofern diese keine Gefahr für das Kindeswohl darstellen. Er ist in der Lage, seine Fähigkeiten und sein Handeln kritisch zu reflektieren und gegebenenfalls nötige Konsequenzen zu ziehen, wenn diese eine Vertretung in einem bestimmten Fall verbieten. (z. B. Beratung, Sichtung von Fachliteratur, Abgabe des Falls). Personen, welche Straftaten zum Nachteil von Kindern begangen haben, erfüllen die Voraussetzungen zur Bestellung als Verfahrensbeistand nicht. Der Verfahrensbeistand wird vor der Aufnahme in die BAG daher ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Auch Personen, die nach fachärztlicher Diagnose an einer psychischen Erkrankung leiden, sind nicht als Verfahrensbeistand in Betracht zu ziehen. 

3.  Vorgehensweise 
Bevor der Verfahrensbeistand eine Bestellung annimmt, überprüft er, ob er die für die Interessenvertretung im konkreten Fall notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten mitbringt sowie über die zeitlichen Kapazitäten für eine Bearbeitung verfügt, die dem Bedürfnis des Kindes nach einem zügig betriebenen Gerichtsverfahren entsprechen. Besonders bei Bestellungen zum frühen ersten Termin prüft der Verfahrensbeistand, ob er in der kurzen Frist bis zur gerichtlichen Anhörung in der Lage ist, die notwendigen Termine mit dem Kind und - bei erweitertem Aufgabenbereich - auch mit den Eltern zu führen. Er prüft insbesondere, ob er über die speziellen Kenntnisse verfügt, die eine Interessenvertretung in der konkreten Kindschaftssache ermöglichen, für die er bestellt wurde. Dies gilt insbesondere für Verfahren zur geschlossenen Unterbringung6 von Kindern und Jugendlichen (gem. § 151 Nr. 6, 7 FamFG)7. 

3. 1  Feststellung der Interessen des Kindes 

3.1.1  Grundsätzliches 
Zentraler und unverzichtbarer Bestandteil der Interessenvertretung ist der persönliche Kontakt mit dem Kind, der dessen besonderen Wünschen und Bedürfnissen entsprechend angemessen vorbereitet und zeitnah durchgeführt wird. Auch das Erleben des Kindes in seinem Lebensumfeld ist unverzichtbarer Bestandteil der Tätigkeit des Verfahrensbeistands. Aus der Bestellung für jedes einzelne Kind folgt auch die getrennte Ermittlung der Interessen eines jeden Kindes. Im Einzelfall ist abzuwägen, ob zur Kontaktaufnahme und Vertrauensbildung ein gemeinsames Treffen von Geschwisterkindern angezeigt ist.  Die Kommunikation mit dem Kind sollte problemorientiert sowohl direkt sprachlich als auch spielerisch und auf der Verhaltensebene erfolgen.  Während des ersten Kontaktes informiert der Verfahrensbeistand das Kind, dessen Verständnismöglichkeiten entsprechend, über seine Rolle und Aufgabe. Ebenso erhält das Kind eine schriftliche Information, wie sein Verfahrensbeistand zu erreichen ist, und wird ermutigt, den Kontakt bei Bedarf aufzunehmen. Inhalt der Kontakte ist die Erkundung der kindlichen Wünsche und Vorstellungen zu den gerichtlich relevanten Fragen. Hierfür stellt eine Information des Kindes über seine Rechte und Möglichkeiten die Grundlage dar. Auch kindeswohlorientierte Überlegungen des Verfahrensbeistands sollten gegebenenfalls bereits in diesen Dialog einfließen, ohne das Kind in seiner selbst bestimmten Äußerung zu hindern oder einzuschränken.  Zu den Aufgaben des Verfahrensbeistands gehört auch, auf mögliche Einflussnahmen auf das Kind durch andere Personen aufmerksam zu werden und angemessen zu reagieren. Auch in Verfahren wegen möglicher Kindeswohlgefährdung ist die Ermittlung des Kindeswillens zentral. Gleichzeitig müssen den Kindern aber die Gründe für eine Herausnahme kindgerecht erläutert und mögliche Folgen einer andauernden Trennung von seinen Eltern nahegebracht werden. Das Gespräch und der Kontakt mit weiteren Betreuungspersonen des Kindes und mit Fachkräften kann zusätzlich helfen, die subjektiven Interessen des Kindes einordnen und mögliche Unvereinbarkeiten mit seinen wohlverstandenen Interessen wahrnehmen zu können. Auch wenn der Verfahrensbeistand nicht für das jugendbehördliche Verfahren bestellt ist, wird eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Jugendamt in den meisten Fällen der Wahrnehmung der kindlichen Interessen im gerichtlichen Verfahren zugutekommen. Sieht der Verfahrensbeistand die Interessen des Kindes durch die Tätigkeit oder ein unterlassenes Handeln des Jugendamtes nicht angemessen berücksichtigt, sind diese deutlich und direkt gegenüber dem Jugendamt zum Ausdruck zu bringen und fließen gegebenenfalls in die schriftliche Stellungnahme gegenüber dem Gericht ein. Bei Bestellung mit erweitertem Aufgabenbereich, die grundsätzlich eine umfassende Interessenvertretung erst möglich macht,  wird der Verfahrensbeistand in jeder Phase des Verfahrens in Gesprächen mit den Eltern auf die Situation des Kindes aufmerksam machen und die Wünsche und Vorstellungen den Eltern erläutern. Dabei wird er im Rahmen seines Vermittlungsauftrages die Eltern ermuntern, selbstverantwortlich nach Lösungen für ihr Kind zu suchen und gegebenenfalls die Hilfe des Jugendamtes oder einer Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen. 

3.1.2 Bei Bestellung zum frühen ersten Termin 
Am Beginn der Tätigkeit in einem neuen Verfahren steht das Studium der Gerichtsakten. Es empfiehlt sich das Anlegen einer übersichtlichen Handakte, in die neben den Kopien aus der Gerichtsakte auch alle weiteren Beobachtungs- und Gesprächsergebnisse eingefügt werden können. Danach nimmt der Verfahrensbeistand umgehend Kontakt zu der Betreuungsperson des Kindes und – je nach Beauftragung – auch mit dem anderen Elternteil auf, um einen Termin für ein Gespräch mit dem Kind und den Eltern zu vereinbaren. Möglicherweise ist ein erster Kontakt in Gegenwart einer Bezugsperson hilfreich für das Kind, um Unsicherheiten und Ängste abzubauen, sowie wichtig für den Verfahrensbeistand, um das Kind in Interaktion mit seinen Bezugspersonen zu erleben. Wenn es sich um Säuglinge oder Kleinkinder handelt, sollten Kontakte in der vertrauten Umgebung des Kindes stattfinden, um die Eltern-Kind Interaktion intensiv beobachten zu können. In Verfahren um den ständigen Aufenthalt des Kindes nach Trennung der Eltern sollte das Kind möglichst im Kontakt mit beiden Elternteilen an deren jeweiligem Wohnort erlebt werden. In der Regel wird der Verfahrensbeistand in der Anhörung Bericht erstatten und diesen schriftlich zur Akte reichen. Wird ein Verfahren nicht im ersten Termin durch Vergleich, Beschluss oder Rücknahme der Anträge erledigt, so kann der Verfahrensbeistand seine Arbeit meist ohne Termindruck fortsetzen. Wenn es dem Verfahrensbeistand bisher nicht möglich war, im Rahmen seiner Tätigkeit festzustellen, ob der vom Kind geäußerte subjektive Wille auch mit dessen objektiven Interessen in Einklang steht, so kann er in weiteren Gesprächen mit Eltern und Bezugspersonen für eine Klärung sorgen. Im Einzelfall ist anzuregen, zur Aufklärung weiterer Fragestellungen ein psychologisches oder psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Der zu erwartende Erkenntnisgewinn für das Wohl des Kindes ist dabei stets abzuwägen mit der durch eine Begutachtung für das Kind möglichen Belastung und der zu erwartenden Verlängerung der Verfahrensdauer. In jedem Fall sollte bei der Beantragung eines Gutachtens formuliert werden, welche Fragen aus der Sicht des Verfahrensbeistands vom Sachverständigen bearbeitet werden sollten und ob einen Auftrag an den Sachverständigen formuliert werden sollte, auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinzuwirken (gem. § 163 Abs. 2 FamFG). 

3.1.3 Bei Bestellung nach dem ersten Termin 
Erfolgt die Bestellung des Verfahrensbeistands erst nach dem ersten Gerichtstermin, so geschieht die Feststellung der Kindesinteressen grundsätzlich analog zu der Arbeit beim frühen ersten Termin; allerdings in der Regel ohne den gleichen Zeitdruck. Da im ersten Termin keine Lösung gefunden wurde oder das Gericht noch weitere Erkenntnisse zu einer Beschlussfassung benötigt, wird der Verfahrensbeistand die umfangsreicheren Akten studieren und die notwendigen Gespräche mit dem Kind und weiteren Beteiligten führen. Nach dem Erstkontakt sollten alle weiteren Kontakte mit dem Kind jedoch in Abwesenheit aller Bezugspersonen und möglichst an einem Ort erfolgen, der dem Kind einerseits genügend Sicherheit und Vertrautheit vermittelt, anderseits eine eigenständige Darstellung seiner Gedanken ermöglicht. Im Rahmen von Interaktionsbeobachtungen erlebt der Verfahrensbeistand das Kind im Kontakt mit seinen Bezugspersonen und macht sich einen Eindruck von seinen Beziehungen zu ihnen. Dies kann auch die Teilnahme an einem begleiteten Umgang8 beinhalten. Zu sämtlichen Tätigkeiten dokumentiert der Verfahrensbeistand zeitnah den Gesprächs- oder Beobachtungsverlauf und deren Ergebnis als Gedächtnisstütze und zur Selbstkontrolle. Diese Aufzeichnungen werden anderen nicht zugänglich gemacht. Die zusammenfassende Dokumentation seiner Tätigkeit, daraus gezogene Schlussfolgerungen und fachliche Bewertungen bilden die Grundlage für Stellungnahmen und Berichte, Empfehlungen, Anträge und Rechtsmittel des Verfahrensbeistands gegenüber dem Gericht. Bei der Abfassung schriftlicher Stellungnahmen und Berichte berücksichtigt der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes an einem Verfahrensverlauf, der bestehende Konflikte nicht weiter verstärkt. Er bemüht sich um Kooperation mit anderen Verfahrensbeteiligten zur Erarbeitung von einvernehmlichen ressourcenorientierten Konzepten und wirkt am Zustandekommen einer einvernehmlichen Lösung mit. Der Verfahrensbeistand nimmt an der gerichtlichen Kindesanhörung9 teil. Er bereitet das Kind auf die Anhörung vor, unterstützt es während dieser und klärt mit ihm anschließend mögliche offene Fragen. 

3. 2 Wiedergabe der Interessen des Kindes 
In der Regel wird der Verfahrensbeistand durch eine schriftliche Stellungnahme oder einen Bericht dafür sorgen, dass die wahrgenommenen Interessen des Kindes bzw. der Kinder – dann jeweils getrennt - dokumentiert und den Gerichtsakten zugeführt werden. Grundlage der Stellungnahme ist die Integration der gewonnenen Ergebnisse aus Gesprächen, Beobachtungen und Auswertungen von Schriftstücken. Die Stellungnahme beinhaltet in jedem Fall eine ausführliche, authentische und für die anderen Beteiligten nachvollziehbare Darstellung der subjektiven Interessen des Kindes. Hierfür ist es häufig angezeigt, Äußerungen des Kindes wortgetreu wiederzugeben. Darüber hinaus gehört es zur Aufgabe des Verfahrensbeistands, im Rahmen mündlicher Verhandlungen oder Anhörungen die Position des Kindes einzubringen.  Bei Beauftragung mit erweitertem Aufgabenbereich schließt sich die Darstellungen der Gesprächsergebnisse mit Eltern und anderen Bezugspersonen an. Dabei achtet der Verfahrensbeistand darauf, diese Äußerungen nicht zu kommentieren oder zu bewerten. Auf der Basis seiner Erkenntnisse und Gespräche wird der Verfahrensbeistand  eine Empfehlung abgeben oder einen Antrag stellen. In der dazugehörigen Begründung legt der Verfahrensbeistand dar, inwieweit die subjektiven Kindesinteressen mit den wohlverstandenen Interessen des Kindes in Einklang stehen und weshalb er gegebenenfalls von den geäußerten Willensäußerungen des Kindes/ der Kinder abweicht. Eine ausschließlich an den subjektiven Interessen orientierte Vertretung findet ihre Grenze in jedem Fall dort, wo ein Wille des Kindes sein körperliches, geistiges oder seelisches Wohl gefährdet. Die auf fachlicher Sicht beruhende Einschätzung des Kindes, seine individuellen Bedürfnisse und Beziehungen zu anderen Menschen bildet die Grundlage für eine Einschätzung seiner Lebenssituation. Unsicherheiten und Unklarheiten sind als solche zu benennen und zu diskutieren. Diese Stellungnahme wird der Verfahrensbeistand vorab mit dem Kind sorgfältig besprechen, wobei er dem Kind die Gründe für seine vom subjektiven Willen eventuell abweichende Empfehlung erklärt. 

4. Beendigung der Tätigkeit 
Thema eines abschließenden Gesprächs sollte das Ergebnis des Verfahrens (Beschluss oder Vergleich) und die damit für das Kind verbundenen Konsequenzen sein. Der Inhalt des gerichtlichen Ergebnisses ist mit dem Kind zu erörtern, sofern es hierzu aufgrund seines Entwicklungsstandes in der Lage ist.  Endet das Verfahren mit einem Beschluss, muss mit dem Kind geklärt werden, ob der Beschluss mit seinen Wünschen und Vorstellungen in Einklang steht, oder ob das beschwerdeberechtigte Kind selbst bzw. das jüngere Kind durch seinen Verfahrensbeistand ein geeignetes Rechtsmittel einlegen möchte. Auch der Verfahrensbeistand prüft, ob er dies im Hinblick auf die wohlverstandenen Interessen des Kindes tun sollte. In der Begründung seiner Beschwerde sind erneut die aus subjektiver Sicht des Kindes anzuführenden Gründe für das Rechtsmittel, sowie die nach Auffassung des Verfahrensbeistands relevanten Aspekte zu formulieren. Es ist transparent zu machen, wenn die vom Verfahrensbeistand eingelegte Beschwerde vom Kind nicht gewünscht ist. Auch im Beschwerdeverfahren vertritt der Verfahrensbeistand die Interessen des Kindes, es bedarf hierfür keiner erneuten Bestellung (gem. § 158 Abs. 4 Satz 5 FamFG). 

4. 1  Verabschiedung vom Kind 
Auf eine absehbare Beendigung der Tätigkeit des Verfahrensbeistands ist das Kind angemessen vorzubereiten. Für die Verabschiedung sollte ein geeigneter Rahmen gewählt werden und die Möglichkeit bestehen, sich mit dem Kind über die vergangene gemeinsame Zeit und seine Erfahrungen auszutauschen. Möglicherweise möchte das Kind dem Verfahrensbeistand auch eine persönliche Rückmeldung geben, die für seine zukünftige Tätigkeit sicherlich wertvoll ist. 

4. 2  Vergütung 
Nach § 158 Abs. 7 FamFG steht dem Verfahrensbeistand für jedes Kind, für das er bestellt wurde, für jede Verfahrensart (Einstweilige Anordnung, Hauptsacheverfahren, Beschwerdeverfahren) und für jeden Verfahrenszug eine Pauschale zu, deren Höhe sich nach dem Umfang der Beauftragung richtet.  Der Anspruch auf die Entschädigung entsteht mit der Bekanntmachung des Beschlusses zur Bestellung als Verfahrensbeistand an diesen, es ist kein Nachweis einer konkreten Tätigkeit notwendig. Der Vergütungsantrag ist bei dem bestellenden Gericht zu stellen. 
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